Im Januar packte mich mal wieder, wie so oft, das Fernweh. Nachdem ich den Winter über nicht wirklich weggefahren war, wurde es mal wieder Zeit rauszukommen. Also überlegte ich, wo man im Frühjahr mal für ein paar Tage hinfahren könnte. Da ich schon sehr viel Positives von Brügge gehört hatte, entschied ich mich dazu, die schöne Mittelalterstadt zu besuchen. Meine Freundin Cora, die gerade im Halbschlaf war, gefragt, ob sie mitkommt und dann schnell gebucht. 🙂
In der Woche nach Ostern war es dann endlich soweit. Am Mittwoch machten wir uns morgens früh auf den Weg in Richtung Belgien. Nachdem wir gegen 15.30 Uhr endlich in Brügge ankamen, bezogen wir unser ziemlich cooles Airbnb. Dieses war mir bereits bei der Suche nach einer Unterkunft im Januar aufgrund seiner sehr stylischen Ausstattung aufgefallen. Neben der superschönen Einrichtung und üppigen Platzverhältnissen glänzte die Unterkunft durch ihre perfekte Lage mitten in der Stadt, aber dennoch in einer ruhigen Nebenstraße. Lediglich das Hufgeklapper der vorbeifahrenden Pferdekutschen waren zu hören und trugen noch mehr zum Ambiente bei.
Nachdem wir uns häuslich eingerichtet hatten, zogen wir los, um die Stadt zu erkunden. Da wir geplant hatten, am nächsten Tag eine Free Walking Tour zu machen und so die wichtigsten Sehenswürdigkeiten kennenlernen würden, entschieden wir uns, die weniger frequentierten Gegenden der Stadt zu erkunden. Ziel waren die alten Windmühlen, die im Nordosten der Altstadt auf dem die Stadt umgebenden Wall stehen. Auf dem Weg dorthin gab es immer wieder schöne Ecken und Straßenzüge, die nach einem Foto riefen. Die Stadt verstrahlt mit ihren vielen alten und meist nicht sehr hoch gebauten Backsteinhäusern mit vielen bunten Türen eine extreme Gemütlichkeit.
Die dunklen Wolken auf dem vorherigen Foto ließen dann auch noch einige Regentropfen frei. Davon ließen wir uns aber nicht ärgern und gingen dann weiter in Richtung Innenstadt, um noch etwas zu Abend zu essen und dann wieder zu unserer Unterkunft zu gelangen. Diese Regentropfen sollten dann auch die einzigen des gesamten Trips gewesen sein. Auf dem Weg in Richtung Innenstadt kamen wir wieder an einigen der die Stadt querenden Kanäle vorbei. Tagsüber sind auf diesen jede Menge Boote mit Touristen unterwegs. Am späten Nachmittag waren davon aber bereits fast keine mehr zu sehen. Grundsätzlich schienen der späte Nachmittag und Abend die beste Zeit zu sein, um nicht von Touristenströmen mitgerissen zu werden. Bereits am frühen Morgen strömen diese in die Stadt und werden dann von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit dirigiert. Wie wir erfuhren, liegt dies neben den Bussen auch an den Kreuzfahrtschiffen, die für einen Tagesausflug nach Brügge morgens in Zeebrügge festmachten und abends wieder ablegten.
Am Ende unserer ersten Stadterkundung landeten wir dann doch mitten in der Innenstadt mit ihren Sehenswürdigkeiten. Nach einem kurzen Zwischenstopp in einem belgischen Burgerladen, kamen wir am Grote Markt an. Dieser ist mit seinen bunten Häusern an der einen Seite und dem Gerichtsgebäude an der anderen Seite der zentrale Platz der Stadt. Außerdem steht an diesem Platz der Belfried von Brügge. Dieser 83m hohe Turm aus dem 13. Jahrhundert ist in die Stadthallen integriert und beherbergt 47 Glocken. Er sollte damals die Macht des reichen Bürgertums demonstrieren und noch heute darf kein neu erbautes Gebäude den Turm überragen. Mehrmals die Woche spielen die Glocken im Turm bekannte Volkslieder. Diese sind dann in der ganzen Stadt zu hören. Als wir dort vor dem Belfried standen, erklangen ebenfalls die Glocken und spielten ihre Lieder. Außerdem fand an diesem Abend der traditionelle Cantus der Brügger Studenten im Innenhof des Belfried statt. Dort treffen sich die Studenten zum Singen bekannter Lieder zu den Klängen der Glocken. Dazu wird viel Bier getrunken und gefeiert. Für uns als Zuschauer ein sehr lustiges Spektakel.
Vom Grote Markt ging es weiter zum Rozenhoedkaai. Von hier aus sieht man das meistfotografierte Gebäudeensemble von Brügge, das im Film “Brügge sehen und Sterben” das Hotel der Hauptprotagonisten darstellte. Um die Uhrzeit am Abend waren glücklicherweise auch nur noch wenige Touristen unterwegs, sodass man ungestört Fotos machen konnte. Bei unserer Stadtführung am nächsten Morgen wimmelte es im Gegensatz dazu nur so von Leuten.
Am nächsten Morgen trafen wir uns dann um 9.45 Uhr am Groten Markt zur Legends Free Walking Tour, um uns von einer Einheimischen die Stadt zeigen zu lassen. 2,5h erkundeten wir die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Vom Groten Markt ging es, vorbei am Rozenhoedkaai und am Kanal entlang, zum Stadtpalais der Herren von Gruuthuse. Auf der Homepage von Brügge wird das Gebäude als eines der schönsten der Stadt bezeichnet, was wir leider nicht überprüfen konnten, da es zu der Zeit wegen Generalüberholung noch geschlossen war. Seit Ende Mai ist es jedoch wieder geöffnet. Direkt dahinter schließt die Liebfrauenkirche an. Ludwig von Brügge ließ sich im 15. Jahrhundert einen direkten Anbau als Übergang zur Kirche bauen, um zum Betreten der Kirche den Palast nicht verlassen zu müssen.
Auf der anderen Seite der Kirche schließt sich das Sint-Janshospitaal an. Dieses Areal, bestehend aus mehreren Gebäuden, ist über 800 Jahre alt und wurde schon damals als Krankenhaus genutzt, in dem Geistliche sich um Kranke kümmerten. Heute befindet sich hier ein Krankenhausmuseum.
Von dort ging es weiter über den Walplein – hier gibt es viele kleine Läden mit belgischer Schokolade, Restaurants und eine Brauerei (dazu später mehr) – zum Beginenhof. Hierbei handelt es sich um eine typische Wohnanlage, mit Häusern um einen Hof herum gebaut, für Beginen, die hauptsächlich in Flandern und den Niederlanden vorkommen. Beginen waren Frauen, die im Mittelalter in einer christlichen Gemeinschaft lebten und als Wohltäterinnen tätig waren. Sie lebten in einer religiösen, ehelosen Gemeinschaft, hatten aber kein Ordensgelübde abgelegt. Der Beginenhof in Brügge wird heute als Kloster genutzt.
Vorbei am Minnewater, dem See der Liebe, ging es durch die Gassen und entlang der Kanäle wieder zurück ins Zentrum. Wieder vorbei an der Liebfrauenkirche ging es zur Bonifatiusbrücke – eines der am meisten fotografierten Motive der Stadt. Dies war auch unschwer an den Menschenmassen zu erkennen, die sich hier tummelten. Es waren teilweise so viele Menschen gleichzeitig auf der kleinen Steinbrücke, dass man Angst hatte, sie würde unter der Last zusammenbrechen. Sie schien dann aber doch an den Ansturm gewöhnt zu sein und hielt.
Wieder vorbei am Rozenhoedkaai ging es zum alten Fischmarkt und von dort über eine kleine Brücke und durch die Blinde Ezelstraat zum Burgplatz, wo das imposante Rathaus der Stadt steht. Der Name der Gasse kommt einer Sage nach von einem Brügger Esel, den die Eroberer der verfeindeten Stadt Gent nutzen wollten, um eine Kriegstrophäe – eine kleine Bronzestatue vom Dach der Brügger Burg – nach Gent zu bringen. Der Esel weigerte sich störrisch, seine Heimatstadt Brügge zu verlassen, wodurch die Genter die Trophäe nicht nachhause bringen konnten. Diese stachen ihm daraufhin die Augen aus, dass der Esel nicht mehr sah wohin er ging, und konnten mit ihm so die Statue nach Hause bringen.
Hier auf dem Burgplatz in Brügge, auf dem heute keine Burg mehr steht, endete die Free Walking Tour vor dem Rathaus der Stadt. Wir machten uns von dort auf zum Schokoladenmuseum Choco Story, um dort die Geschichte der Schokolade zu erfahren und vor allem kostenlose Schokolade zu essen. 🙂
Als Abschluss des Tages und des gesamten Kurztripps schlenderten wir noch etwas durch die Gassen zur Brouwerij De Halve Maan. Dort kann man bei gutem Essen verschiedene Sorten belgischen Bieres probieren. Die Brauerei ist eine der wenigen verbliebenen der Stadt. Aus Platzmangel mussten sich die Inhaber des Familienbetriebes etwas einfallen lassen. Aufgrund des gestiegenen Ausstoßes und der Lage in einem verkehrsberuhigten Gebiet, war es nicht mehr zumutbar eine Vielzahl an LKWs von der Brauerei in der Stadt zur Abfüllanlage außerhalb fahren zu lassen. Daher startete man einen Ingenieurswettbewerb, um den Platzmangel in den Griff zu bekommen. Als Ergebnis wird das Bier von der Brauerei am alten Standort im inneren Stadtring über eine eine etwas mehr als 3 km lange, unterirdische Pipeline unter den Kanälen hindurch zur Abfüllanlage außerhalb der Innenstadt gepumpt. Dies soll durch ein Stück offengelegte Pipeline im Boden des Eingangsbereiches gezeigt werden. Tatsächlich ist dies aber nicht die tatsächliche Pipeline, sondern ein nur für Marketingzwecke gesetztes Stück.
Für die Verlinkungen habe ich keinerlei Gegenleistung erhalten. Sie sollen lediglich eine Möglichkeit zum Nachlesen geben bzw. eine Hilfestellung für eine mögliche Reise nach Brügge.