Gerade bin ich von einer Rundreise durch Indien zurückgekommen. Und nach anfänglicher Skepsis aufgrund vieler Geschichten, die ich im Vorfeld gehört habe, muss ich sagen: Es war ziemlich krass! Ich glaube, ich habe in den knapp zwei Wochen in Indien mehr erlebt als in vielen Jahren davor. Die vielen verschiedenen Eindrücke in diesem im Vergleich zu Europa völlig anderen Land und das vollgepackte Programm der Reise waren einfach überwältigend!
Im letzten Frühjahr hatte mein bester Freund seiner indischen Freundin einen Heiratsantrag gemacht. Nachdem klar war, dass es auch eine traditionelle indische Hochzeit geben würde, musste ich nicht lange überlegen. Dieses einmalige Erlebnis wollte ich mir nicht entgehen lassen! Aus kostentechnischen Gründen entschied ich mich dazu, die Hochzeit mit einem Urlaub zu verbinden. Nach anfänglicher Überlegung, ob die Reise selbst organisiert werden sollte oder ich mich einer Reisegruppe anschloss, entschied ich mich für letztere Option. Terminlich passte es perfekt, dass G Adventures eine klassische Tour durch das berühmte Golden Triangle genau vor der Hochzeit anbot.
Delhi
Vom Frankfurter Flughafen ging es dann also Anfang Februar per Direktflug der Lufthansa nach Delhi. Nach der Ankunft im Hotel gegen 5 Uhr am Morgen und etwas Schlaf stand die erste Sightseeingtour an. Das Hotel organisierte uns einen Taxifahrer, der uns für schlappe 500 Rupien (ca. 6€) von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit durch Delhi kutschierte. Hier wurde ich zum ersten Mal mit dem chaotischen indischen Verkehr konfrontiert und ich hielt mehrmals die Luft an, weil ich einen Zusammenstoß befürchtete. Allerdings hupt man sich in Indien einfach den Weg frei und derjenige, der am schnellsten in einer Lücke oder auf einer Kreuzung ist, gewinnt!
Als erstes ging es zum Parlamentsgebäude und dem India Gate, einem Kriegsdenkmal gebaut nach dem Vorbild des Arc de Triomphe in Paris.
Anschließend ging es zum Mausoleum von Humayun, dem zweiten Herrscher des Großmogulreiches von Indien, der im 16. Jahrhundert regierte. Auf dem weitläufigen Gelände befinden sich neben dem Humayun Mausoleum noch andere Grabstätten und es ist seit 1993 Weltkulturerbe der UNESCO.
Als letzten Stop fuhren wir zu den Lodi-Gärten. Auch hier findet man einige Mausoleen und andere Gebäude aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Da Delhi mit seinen 17 Millionen Einwohnern sehr überfüllt und dreckig ist – die Luft ist so dreckig, dass es sich anfühlt als hätte man Staub im Hals – waren wir froh, in diesem Park etwas sauberere Luft atmen und dem Lärm und der Hektik etwas entfliehen zu können.
Nachdem wir an diesem Abend die Mitglieder unserer Reisegruppe für die G Adventures Rundreise kennengelernt hatten, ging es am nächsten Tag mit dem offiziellen Programm los. Als ersten offiziellen Programmpunkt hatten wir einen Stadtrundgang mit einem ehemaligen Straßenjungen. Er zeigte uns Old Delhi und erzählte von seinem Leben als Straßenjunge. Er wurde als Sohn einer muslimischen Familie geboren. Die Mutter war früh gestorben, der Vater später an Tuberkulose verstorben. Danach schlug er sich mehrere Jahre mit Diebstählen und Drogenkonsum als Straßenjunge in Mumbai und Delhi durch. Zu seinem Glück wurde die indische NRO Salaam Baalak Trust auf ihn aufmerksam. Diese NRO hat es sich zum Ziel gesetzt, Kinder von der Straße zu holen und ihnen Zugang zu Ausbildung und einem besseren Leben zu verhelfen. Ein wirklich sinnvolles Projekt, aus dem sogar auch Bollywood-Schauspieler hervorgingen, wie uns stolz erzählt wurde. Auf diese Weise kamen wir auch erstmals richtig mit dem indischen Alltag in Kontakt.
Nach diesem Standrundgang besichtigten wir einen Sikh-Tempel. Die Anhänger des Sikhismus haben es sich in ihren Tempeln zur Aufgabe gemacht, bedürftige Menschen mit Essen zu versorgen. In dem von uns besuchten Tempel werden pro Tag bis zu 20.000 Mahlzeiten ausgegeben. Die Besichtigung der Essenzubereitung in der großen Küche war daher auch durchaus eindrucksvoll.
Weiter ging es zur größten Moschee in Indien, der Jama Masjid in Delhi. An deren äußeren Mauern gibt es nicht nur einen Kiosk, der neben Getränken und Snacks auch medizinische Dienstleistungen wie Röntgen, MRT und CT anbietet. Sie kann in ihrem Innenhof auch bis zu 25.000 Gläubige aufnehmen. Eines der Minarette kann man besteigen und hat von hier einen weiten Ausblick über die Dächer Delhis und bis zum Red Fort. Zumindest soweit es der Smog zulässt.
Von der Jama Masjid Moschee aus bestiegen wir unseren Bus und fuhren nach Agra.
Agra
Dort wollten wir am nächsten Tag den berühmten Taj Mahal besichtigen. Diesen hatte Großmogul Schah Jahan als Andenken an seine geliebte Frau Mumtaz Mahal im 17. Jahrhundert gebaut. Um die Ersten am Zugang zum Gelände des Taj Mahal zu sein, standen wir bereits um 4.45 Uhr auf und waren dann tatsächlich auch die ersten auf dem Gelände. So hatten wir die Möglichkeit, Fotos ohne Menschen vor dem Taj Mahal zu machen. Das war schon ein magischer Moment!
Nachdem wir anschließend gefrühstückt und im Hotel etwas entspannt hatten, besichtigten wir um die Mittagszeit das Rote Fort in Agra. Es wurde im 16. Jahrhundert von Großmogul Akbar erbaut, der die Hauptstadt seines Reiches von Delhi hierher verlegte. Später wurde hier Schah Jahan von seinem Sohn mit Blick auf den von ihm erbauten Taj Mahal gefangen gehalten.
Zum Abschluss des Tages besuchten wir das Mausoleum des I’tmād-ud-Daulah, das umgangssprachlich auch Baby Taj genannt wird. Tatsächlich wurde es jedoch vor dem Taj Mahal erbaut.
Fatehpur Sikri
Am folgenden Tag brachen wir morgens ins Dorf Dhula auf. Hier wollten wir auch das dörfliche Leben kennenlernen und in Zelten übernachten. Bevor wir jedoch dort ankamen, besuchten wir auf dem Weg noch die alte Hauptstadt des Mogulreiches Fatehpur Sikri und den Stufenbrunnen von Abhaneri. Letzterer wurde erbaut, um die Wüstenlandschaft Rajasthans mit Wasser zu versorgen. Als Besonderheit wurde er jedoch gleichzeitig als Palast erbaut und es wurden dort Bespaßungen des Königs abgehalten.
Stufenbrunnen von Abhaneri
Dorf Dhula
Im Dorf Dhula angekommen bezogen wir unsere luxuriöser als erwarteten Zelte. Schon bei der Anfahrt mit unserem Bus über schmale und holprige Dorfstraßen rannten die Kinder aus den Häusern, um winkend unseren Bus zu begrüßen. Auch am nächsten Tag, als wir eine Radtour zum Haus eines Bauern machten, wurden wir überall rufend, winkend und high-five machend von den Kindern empfangen. Sie freuten sich riesig uns zu sehen und jeder wollte so nah wie möglich bei uns sein.
Jaipur
Nach dem Mittagessen fuhren wir dann weiter in die “Pink City” Jaipur. Hier besichtigten wir den City Palace und erlebten die Stadt hautnah bei einer Fahrt mit einer Rikscha. Ihren Beinamen als “Pink City” verdankt sie der Tatsache, dass der damalige Maharadscha Ende des 19. Jahrhunderts die Stand anlässlich des Prinzen von Wales mit rosaroter Farbe streichen ließ. Am darauffolgenden Tag schauten wir uns den Windpalast an. Dieser, eigentlich nur eine Fassade mit Fenstern, wurde erbaut, um den Frauen am Hofe die Möglichkeit zu geben, die Prozessionen auf der Straße zu verfolgen, ohne von dort gesehen zu werden. Anschließend ging es zum 11 km entfernten Amber Fort, das Ende des 16. Jahrhunderts erbaut wurde. Dieses diente der Kachchwaha-Dynastie während der Zeit der Großmogule als Hauptstadt.
Amber Fort
Hochzeit in Mysore
Nachdem es von Jaipur per Bus zurück nach Delhi gegangen war, flogen wir anschließend in den Süden, nach Bangalore. Von dort ging es per Taxi weitere vier Stunden Richtung Süden nach Mysore, wo in den folgenden beiden Tagen die Hochzeit meiner Freunde stattfinden sollte. Als Location diente das angesehene Hotel Lalitha Mahal Palace, in dem auch bereits der Premierminister Indiens während seiner Besuche in der Stadt residierte. Die indische Hochzeit ging über zwei Tage. Los ging es mit der traditionellen Henna-Bemalung der Frauen, dem Mehendi. Die Männer warfen sich derweil in ihre traditionelle indische Kleidung und bekamen einen Turban verpasst. Als ersten großen gemeinsamen Punkt der Hochzeit folgte dann das Baraat. Dabei handelte es sich ursprünglich um eine Prozession vom Haus des Bräutigams zur Hochzeitsstätte. Dabei tanzen Freunde und Familie zur Musik einer Blaskapelle um den Bräutigam, der auf einem geschmückten Pferd sitzt und werden dann am Ort der Hochzeit von der Familie der Braut empfangen. Am Abend folgte dann das Sangeet. Dabei handelt es sich um ein Kennenlernevent für die Familien und Freunde von Braut und Bräutigam. Hier steht das gemeinsame Singen, Tanzen und Spaß haben im Vordergrund. Am folgenden Tag vormittags fand dann die traditionelle hinduistische Hochzeitszeremonie statt, bei der in 3,5h allerlei Bräuchen gefolgt und das gemeinsame Glück des Paares gepriesen wurde. Am Abend gab es dann noch einen großen Empfang für Freunde und Familien sowie eine rauschende Party bis spät in die Nacht.
Als Abschluss der Hochzeitsfeierlichkeiten besichtigten die von außerhalb Indiens angereisten Gäste den Maharadscha-Palast von Mysore, das nach dem Taj Mahal meistbesuchte Bauwerk Indiens. Dieser wird jeden Sonntag um 19 Uhr mit tausenden Glühbirnen erleuchtet und versprüht so einen Hauch von Tausend und einer Nacht. Außerdem besuchten wir den Chennakesava Temple in Somanathapura, welcher mit seinen vielen behauenen Steinfassaden ein beeindruckender Abschluss der ganzen Indienreise war.
Indien hat bei mir auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen und es wird bestimmt nicht der letzte Besuch in diesem chaotischen und vielseitigen Land gewesen sein.